Mises über Marx und Hitler

In seinem Hauptwerk "Nationalökonomie - Theorie des Handelns und Wirtschaftens" (1940 erschienen, aber nach wie vor aktuell) widmet Ludwig von Mises ein Kapitel dem Thema "Polylogismus". Gemeint ist die Behauptung, es gäbe keine der Menschheit innewohnende universelle Logik, sondern vielmehr viele verschiedene Logiken, die bestimmten Bevölkerungsgruppen eigen wären. Die These vom Polylogismus wurde sowohl von Marxisten als auch von Nationalsozialisten propagiert. Die Marxisten meinten, Logik wäre klassenspezifisch, und die Nationalsozialisten meinten, sie wäre rassenspezifisch. Mises ist hingegen der Meinung, alle Menschen würden prinzipiell nach den gleichen Mustern denken und nach den gleichen Mustern handeln; Unterschiede gäbe es nur insofern, als sich manchen Menschen vielleicht nicht alle denkbaren Gedankengänge erschließen würden.

Der Marxismus ist laut Mises deswegen absurd, weil man vom Standpunkt des Marxisten "alles widerlegen und nichts beweisen" könne. Denn aus marxistischer Perspektive müsste der Marxismus eigentlich selbst als eine Form bürgerlicher Logik betrachtet werden. Und damit würde er sich ad absurdum führen.

Was den Nationalsozialismus bzw. die "Rassenbiologie" im weiteren Sinn anbelangt, meint Mises, diese Ideologie würde eigentlich eher zu Schwarzafrikanern und Inuit als zu Deutschen passen. Denn der Nationalsozialismus meint, es gäbe eine "Herrenrasse", die sich durch überlegene physische Eigenschaften sowie Tugenden wie Heldenmut, Tapferkeit usw. auszeichne. Diese "Herrenrasse" würde durch "minderwertige" Elemente "zersetzt" werden. Diese "Minderwertigen" werden als schlaue - also intelligente! - Händler charakterisiert, die mit christlichem, demokratischem, psychoanalytischem, ... Gedankengut die Angehörigen der "Herrenrasse" infiltrieren und das politische System derart modifizieren, dass sie politische Dominanz über die eigentlich "Höherwertigen" erlangen. Nun sind aber laut Mises gerade die Deutschen das Volk der "Dichter und Denker", also sollte ihnen das "liberal-westlerische" Gedankengut näher liegen als die rohe Gewaltherrschaft, die Hitler und Konsorten propagierten. Außerdem: Wenn die physisch Kräftigen die "Höherwertigen" wären, wieso gelänge ihnen es dann nicht, auf demokratischem Wege die Macht im Staat zu erlangen?

Weiters meint Mises, Hitler wäre seiner Rassenideologie selbst nicht treu gewesen. Er begründet es damit, dass Hitler in "Mein Kampf" geschrieben habe, die einzige Möglichkeit, die "Edelrassigen" zu erkennen und sie von den "Minderwertigen" zu unterscheiden, wäre es, die nationalsozialistische Idee zu propagieren und zu überprüfen, wie die Menschen darauf reagierten. Die "Edelrassigen" würden sich durch begeisterte Übernahme dieser Ideale, durch Treue, Mut usw. hervortun. Mises meint, dass Hitler nicht diese Meinung hätte vertreten dürfen, wenn er von der Rassenbiologie überzeugt gewesen wäre. Denn ein überzeugter Rassenbiologe hätte die "Edelrassigen" an Hand von körperlichen Merkmalen erkannt. Dass diese Menschen, die er als "edelrassig" identifiziert hätte, die ihnen zugeschriebenen Ansichten und Eigenschaften aufgewiesen hätten, wäre dann zwangsläufig der Fall gewesen.

Mises glaubte nicht an die Existenz einer eigenen "jüdischen Rasse", wie sie die Nationalsozialisten propagierten. Er war der Meinung, dass entweder

- die im alten Palästina lebenden Vorfahren der heutigen Juden ebenso indogermanisch wie die nordischen Völker gewesen seien, von denen die deutsche Mehrheitsbevölkerung abstamme, oder

- dass die heutigen Juden Nachfahren von zum Judentum konvertierten Indogermanen seien, oder

- dass "Arier" und Juden zwar keine gemeinsame Vorfahren haben, aber durch Umwelteinflüsse bedingt ihre Erbanlagen konvergiert seien.

Es sei daher falsch, auf Grund des Religionsbekenntnis einer bestimmten Person oder der Vorfahren dieser Person auf ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten "Rasse" zu schließen. Welcher "Rasse" ein Mensch angehöre, könne man nur durch die Untersuchung körperlicher Merkmale feststellen.

Man darf nicht vergessen, dass Mises in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts lebte. Heute gilt die Rassenbiologie insgesamt als obsolet. Das bedeutet freilich keineswegs, dass Menschen nicht mehr nach körperlichen - und geistigen! - Merkmalen beurteilt würden.

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