Warum Medizin ein komisches Studium ist

Medizin ist in meinen Augen vor allem deswegen ein komisches Studium, weil die Materie so tiefgründig ist, dass jeder einzelne Absatz in einem medizinischen Lehrbuch einen anregen könnte, tage- bis wochenlang zu recherchieren. Das wird im Studium aber nicht honoriert - im Gegenteil, man verliert dadurch viel Zeit und fällt bei der Fachprüfung möglicherweise erst recht durch. Was im Studium verlangt wird, ist, sich auf recht oberflächliche Weise mit dem Stoff zu beschäftigen und nicht mehr zu tun, als das, was im Lehrbuch steht, auswendig zu lernen. Nicht einmal das reicht in jedem Fall für die Prüfung, weil die Prüfer selbst unterschiedliche Lehrbuch-Präferenzen und unterschiedliche Lehrmeinungen haben.

Ich lese gerade in einem Physiologie-Lehrbuch - die Physiologie-Prüfung habe ich vor fast zehn Jahren gemacht. Viele Passagen regen an, sich näher mit der Materie zu beschäftigen. So habe ich heute beispielsweise gelesen, dass Rechenaufgaben mentalen Stress erzeugen können, der sich dadurch bemerkbar macht, dass sich die Gefäße im Unterarm erweitern. Da stellen sich gleich mehrere Fragen: Welcher Unterarm, links oder rechts? Kann diese Reaktion bei jedem Schüler beobachtet werden oder nur bei denen, die sich in Mathematik schwer tun? Das kann ja eine gewaltige Konsequenz haben: Vielleicht ist der Schüler in der falschen Schule und durch die Anforderungen der Schule überfordert.

So lädt fast jeder Absatz in diesem Lehrbuch zu einer Recherche ein - bei fast tausend Seiten Umfang. Wann hat man aber im Studium die Zeit, sich damit so gründlich zu beschäftigen?

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