Das Human Brain Project

Der Trailer auf http://www.humanbrainproject.eu/ und die weiteren Ausführungen auf den einzelnen Unterseiten haben mich nicht völlig davon überzeugt, dass dieses durchaus sehr ehrgeizige Projekt von Erfolg gekrönt sein wird. Im Prinzip handelt es sich um ein Software-Entwicklungs-Projekt, dessen Ergebnis ein Programm sein soll, das das menschliche Gehirn simuliert, basierend auf Unmengen von Daten, die in Jahrzehnten der Forschung gesammelt wurden. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die vorhandenen Daten ausreichen, um dieses Ziel zu erreichen. Jedoch könnte dieses Projekt Forschern zeigen, wo es noch Wissenslücken gibt, die durch weitere Forschung gefüllt werden müssten.

Die Autoren der Website geben selbst zu: "Today, the knowledge we need is lacking." (http://www.humanbrainproject.eu/why_the_human_brain.html) Das ist auch meine Vermutung: Das Wissen reicht nicht aus, um ohne weitere Grundlagenforschung ein Programm entwickeln zu können, das das menschliche Gehirn komplett simuliert. Und die Erkenntnisse, die man durch die Umsetzung dessen, was man bereits zu wissen glaubt, gewinnen kann, könnte man theoretisch auch durch intensives Nachdenken gewinnen - der Computer vereinfacht den Erkenntnisprozess nur. Wie Prof. Freissmuth mir bei meiner Pharmakologie-Prüfung gesagt hat: "Computermodelle funktionieren nur deduktiv."

Trotzdem ist es gut, dass wenigstens versucht wird, Software zu entwickeln, die von so vielen durch Forschung gewonnenen neurowissenschaftlichen Daten wie möglich Gebrauch macht.

Interessant ist, nebenbei bemerkt, auch diese Aussage: "Modern neuroscience has generated deep insights into every level of brain organisation – from genes to cognition. To date, however, there is no consensus about how to fit the different levels together: some neuroscientists believe that a conceptual, theoretical approach is a prerequisite for making sense of the system’s deep mechanics; others take the opposite approach, arguing that the only way to understand higher level emergent phenomena is to understand the underlying mechanics first. The HBP recognises the value of both strategies – especially where they converge." (http://www.humanbrainproject.eu/future_neuroscience.html)

Offenbar sind damit der emergenztheoretische und der reduktionistische Ansatz gemeint. Beide Ansätze sind also laut Human Brain Project zulässig und es macht Sinn, beide gleichzeitig zu verfolgen, um zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. In der aktuellen Ausgabe der Vereinszeitschrift von Mensa Österreich (TOPIQ 366) gab es einen sehr interessanten Artikel über ein Buch eines Physik-Nobelpreisträgers, in dem diese Frage ebenfalls diskutiert wurde.

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