Hochbegabte und der Umgang mit Menschen

Hochbegabten wird oft vorgeworfen, nicht gut mit Menschen umgehen zu können. Das mag zweierlei Ursachen haben: einerseits könnte es an der Intelligenz selbst liegen, andererseits aber auch an von der Intelligenz an sich unabhängigen Persönlichkeitsmerkmalen, die bei einzelnen Hochbegabten auftreten. Während ich früher eher Anhänger der zweiten Theorie war, muss ich sagen, dass ich inzwischen auch einsehe, dass die Intelligenz selbst das Problem sein kann.

Es gibt ja verschiedene Ausprägungsgrade der Hochbegabung. Bei Mensa ist es so, dass darauf nicht Wert gelegt wird. Innerhalb der Mensa gilt jedes Mitglied als gleichberechtigt. Aber in der Realität gibt es sehr wohl Unterschiede. Wenn jemand knapp über dem Mensa-Kriterium liegt, wird er wahrscheinlich noch einen recht guten Draht zu seinen nicht hochbegabten Mitmenschen haben. Je stärker die Hochbegabung ausgeprägt ist, umso schwerer hat man es.

Der Grund ist einfach, dass Intelligenztests verschiedene Komponenten der Intelligenz messen, von denen aber die wichtigste und auf den IQ-Wert am meisten Einfluss habende die "Reasoning Ability" ist. Darunter versteht man, grob gesagt, die Fähigkeit, vernünftig zu denken und vernunftgemäß zu handeln. Die meisten Menschen sind eben nur zu einem gewissen Grad vernunftbegabt. Durchschnittlich intelligente Personen, vor allem jüngeren Alters, verhalten sich oft unvernünftig. Und das kann der Höchstbegabte eben nicht nachvollziehen. Deswegen ist es schon richtig, wenn man sagt, dass sich Höchstbegabte oft nicht in andere Menschen hineinversetzen können. Das Denken der Begabten ist derart präzise, dass sie nicht nachvollziehen können, wie andere auf die logischen Kurzschlüsse kommen, die ihr Handeln in vielen Situationen prägen. Hierher passt auch der Vorwurf, der vielen Hochbegabten gemacht wird, dass sie an Asperger-Autismus litten: Asperger-Autisten fehlt ja angeblich die natürliche Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, weswegen sie den Umgang mit Menschen wie eine Sprache erlernen müssen. Mir erscheint es logisch, dass sehr intelligente Menschen diese Fähigkeit eben wegen ihrer Intelligenz nicht oder nur zu einem geringen Grad haben. Ist die Diagnose Asperger-Syndrom in diesen Fällen gerechtfertigt? Meiner Meinung nach nein.

Es ist völlig nachvollziehbar, dass man erst durch viel Lebenserfahrung erlernen muss, wie die meisten anderen Menschen ticken, wenn man selbst aufgrund seiner höheren Intelligenz (und in manchen Fällen nur deswegen) anders als sie tickt.

In diesem Zusammenhang sei auch gesagt, dass natürlich auch die vorhandenen IQ-Tests nicht das Gelbe vom Ei sind. Extreme Begabungen können mit manchen Tests gar nicht festgestellt werden. Da Menschen fast immer Fehler machen, auch wenn sie extrem begabt sind, kommt bei manchen Tests (vor allem bei solchen mit einem Cut-Off nur knapp über zwei Standardabweichungen über dem Durchschnitt) bei vielen Probanden auch nur ein leicht überdurchschnittlicher Wert heraus, obwohl manche von ihnen in einem entsprechend anspruchsvoller gestalteten Test einen Wert im Bereich der Hoch- oder gar der Höchstbegabung erreichen könnten.

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