Die Demoszene - Ein Rückblick

Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, in diesem neuen Blog nicht über die Demoszene zu schreiben, weil es sich um ein Kapitel meines Lebens handelt, das ich inzwischen als abgeschlossen betrachte. Aber ich habe mir heute gedacht, dass es vielleicht doch interessant sein könnte, jetzt, mit etwas Abstand, die Angelegenheit retrospektiv zu betrachten.

Wer die Demoszene noch nicht kennt, möge bitte zuerst auf Wikipedia nachlesen, worum es dabei geht, bevor er das Lesen dieses Blog-Artikels fortsetzt. Für diejenigen, die Wikipedia nicht erreichen können, zitiere ich den ersten Absatz aus dem relevanten Artikel: "Die Demoszene (unter Insidern 'Die Szene') entwickelte sich unter Anhängern der Computerszene in den 1980er-Jahren während der Blütezeit der 8-Bit-Systeme. Ihre Mitglieder, die häufig Demoszener oder einfach Szener genannt werden, erzeugen mit Computerprogrammen auf Rechnern so genannte Demos - Digitale Kunst, meist in Form von musikalisch unterlegten Echtzeit-Animationen."

Als 1983 Geborener habe ich die Anfänge der Demoszene nicht selbst miterlebt, weil ich noch zu jung dafür war. Aber es gibt viele, die erst später die Szene kennen lernten und dann aber darin aktiv wurden. Mich faszinierten die Computer-Demos selbst nie, aber ich fand, dass sie ausgeprochen gute Programmierkenntnisse erforderten, weswegen ich die Szene-Mitglieder mit Respekt betrachtete. Doch letzten Endes habe ich durch meine Beschäftigung mit dieser Szene vor allem eines gelernt: Es ist oft trügerisch, aufgrund von irgendwelchen Dingen, die jemand erreicht hat, darauf zu schließen, dass diese Person besonders intelligent sein müsse.

Ein gutes Beispiel ist ein deutsches Mitglied der Demoszene, das als Organisator einer früher jährlich stattfindenden, großen, internationalen Demoparty eine recht prominente Rolle spielte. Vom Erfinder eines neuartigen Internet-Routers und erfolgreichen Unternehmer, der mit seiner Erfindung viel Geld verdient hat, würde man meinen, dass er genial sein müsse. Im persönlichen Umgang hatte ich jedoch eher den Eindruck, dass er ziemlich dumm ist. Unser Verhältnis ist etwas gespannt, seit ich vor vielen Jahren in der von mir damals herausgegebenen Demoszene-Zeitschrift einen Artikel brachte, der einige Details aus seinem Privatleben enthielt, worüber er nicht erfreut war (es war aber keineswegs die Intention dieses Artikels, ihn zu diskreditieren). Das trägt er mir bis heute nach, nennt aber freilich in seinen öffentlichen Äußerungen zu meiner Person nicht, was eigentlich der Grund für diese Gegnerschaft ist, sondern bringt meistens fadenscheinige Begründungen, die in vielen Fällen gar nicht zutreffen, zum Beispiel bestimmte politische Ansichten, die ich angeblich vertrete. Außer Beschimpfungen hat er - vor vielen Jahren - auch in einem privaten Internet-Chat angekündigt, er würde mich verprügeln, falls wir einander einmal persönlich begegnen sollten. Auf mich erweckt dieses Konfliktbewältigungsverhalten jedenfalls nicht gerade den Eindruck, dass er besonders intelligent wäre. Ähnlich ist es mit vielen anderen Mitgliedern dieser Szene.

Viele Szenegänger wirken auf mich so, als hielten sie Demos für das Größte, das es auf der Welt gibt, und beurteilten andere Leute ausschließlich aufgrund ihrer für die Entwicklung von Demos relevanten Fähigkeiten. Wer sich für Demos nicht interessiert, wird rasch ohne Hemmungen als "Lamer" abgestempelt. Demoszener gehen auch mit Schimpfwörtern wie "idiot", "troll", "moron", "retard" und "asshole" nicht gerade zimperlich um. Ein einziges, sachliches (!) Posting in einem Demoszene-Forum kann bereits einen Shitstorm auslösen, gegen den etwa die so bezeichneten Beschimpfungen im Spiegel-Online-Forum völlig harmlos erscheinen.

Für mich war die Demoszene vor allem eine Möglichkeit, (scheinbar) intelligente Leute kennen zu lernen, bevor ich dann (etwa sieben Jahre, nachdem ich begonnen hatte, mich mit der Demoszene zu beschäftigen) auf die viel klügere Idee kam, der Mensa beizutreten. Die Mitglieder von Mensa sind im Großen und Ganzen menschlich um einiges reifer und im Umgang angenehmer als die meisten der mir bekannten Demoszener. Ich glaube, dass das sehr wohl mit der Intelligenz zusammenhängt, was den Schluss nahe legt, dass die Demoszener, trotz ihrer Fähigkeiten, in Wirklichkeit im Allgemeinen gar nicht so intelligent sind, wie ich früher geglaubt hatte.

Meine Freunde, die ich durch die Demoszene kennen gelernt hatte, waren ja eigentlich gar keine "Hardcore"-Szener, sondern eher Anfänger, die auch nur kurze Zeit in der Szene wirklich aktiv waren. Einer meiner Freunde aus dieser Zeit war Arturo Campos, genannt Dario Phong, damals ein Schüler aus Barcelona, der sich das Programmieren selbst beigebracht hatte und sich vor allem für Datenkompression interessierte. Sein größter Erfolg die Szene betreffend war sein Sieg in einem 4k-Intro-Wettbewerb einer spanischen Demoparty. Danach hat er sich nicht mehr allzu sehr mit dieser Szene beschäftigt. Ein anderer Freund war Ilya Palopezhentsev, genannt iliks, aus Novosibirsk, ein paar Monate jünger als ich. Er war ein begabter Programmierer und Musiker, der auch zu meiner Zeitschrift verschiedene Musikstücke beisteuerte, und machte nach dem Abschluss seines Studiums der Angewandten Mathematik in der IT-Branche Karriere. Mit diesen beiden jungen Menschen habe ich viele lange, persönliche E-Mails ausgetauscht. Damals, als es Facebook und Konsorten noch nicht gab, pflegte man eben den Austausch von Gedanken und Erlebnissen via E-Mail. Mit allen anderen Mitarbeitern meiner Zeitschrift hatte ich nicht derart intensiven Kontakt; die Kommunikation beschränkte sich im Wesentlichen auf das Sammeln von Beiträgen und das Übermitteln von Feedback. Auch die Mitarbeiter meiner Zeitschrift waren, bis auf wenige Ausnahmen, keine "Hardcore"-Demoszener. So gesehen, blieb mir der harte Kern der Demoszene ohnehin immer fremd.

Die wichtigste Frage ist wohl, ob normale Menschen eher den Demoszenern ähnlich oder doch anders, etwa freundlicher, sind. Darauf weiß ich in Ermangelung an einschlägigen Erfahrungen noch keine Antwort.

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