Intelligenz und Intellektualität

Im österreichischen Mensa-Forum gab es unlängst wieder eine Diskussion, die mich an der Aussagekraft von Intelligenztests zweifeln ließ, beziehungsweise daran, dass es ausreicht, dass eine Person einen IQ von etwas mehr als 130 hat, um sie als intelligent zu betrachten.

Mein Gegner in der Diskussion, ein älterer Herr, ungefähr so alt wie mein Vater, warf mir vor, stur auf meinem Standpunkt zu verharren und nicht seine Ansichten, die er für die einzig richtigen hielt, zu übernehmen. Auf die Idee, dass man den Vorwurf, stur zu sein, auch ihm machen könnte, ist er anscheinend nicht gekommen. Ich selbst finde es durchaus in Ordnung, wenn jemand eine andere Meinung hat; aber mein Gegner hat seine Ansichten ja nicht nur als seine persönliche Meinung präsentiert, sondern als die absolute Wahrheit. Was ich im übrigen mit meinen Ansichten nicht getan habe. So gesehen, sollte er den Vorwurf, den er mir gemacht hat, eigentlich eher an sich selbst richten.

In der Diskussion ging es vor allem um den Stellenwert von Bildung. Er vertrat die Ansicht, Bildung habe keinen Wert, sondern das Einzige, das im Leben zähle, sei "Leistung". Wenn ich sein Sohn gewesen wäre, hätte er mich entweder gar nicht studieren lassen oder darauf gedrängt, dass ich mein Studium so schnell wie möglich abschließe und gleich danach arbeiten gehe.

Wie ich in der Diskussion gesagt habe, merkt man, dass hier zwei Welten aufeinander prallen. Ich erklärte ihm, dass es verschiedene soziale Schichten gibt und jede Schicht eine andere Lebenseinstellung hat. Seine Ansichten seien eher für die Unterschicht typisch. Daraufhin wurde er wütend und meinte, die Bezeichnung Unterschicht wäre in diesem Kontext wohl als Adelsprädikat zu betrachten.

Dabei sind die Bezeichnungen Ober-, Mittel- und Unterschicht grundsätzlich wertneutral. Wenn jemand einer höheren Schicht angehört, heißt das nicht, dass er ein besserer Mensch wäre; das Gegenteil muss aber auch nicht der Fall sein. Vielleicht wäre mein Gegner nicht so wütend geworden, wenn ich statt von der Unterschicht von der Arbeiterschaft gesprochen hätte. Dieser Begriff impliziert keine hierarchische Stellung. Er bedeutet aber dasselbe.

Jedenfalls ist dieser Mann ein gutes Beispiel dafür, dass Intelligenz eben nicht dasselbe wie Intellektualität ist. Zur Intellektualität gehört auch das Streben nach Bildung, viel über die Welt zu wissen, ständig dazulernen zu wollen, sich in Gedanken mit verschiedenen Dingen zu beschäftigen, sie zu analysieren und kritisch zu hinterfragen. Alles Dinge, die mit "Leistung", wie er sich das vorstellt, wohl nicht viel zu tun haben. Dabei sind auch diese Tätigkeiten anstrengend und machen müde, wenn man sie intensiv betreibt. Und sie sind auch für die Gesellschaft wertvoll. Vielleicht nicht für ihn, aber für viele andere Menschen.

Ein armer Ignorant, short said!

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