Mein Mensa-Kollege

Dass ich mir immer noch über meinen Mensa-Kollegen Gedanken mache, von dem mein inzwischen fast auf den Tag genau einen Monat altes Blog-Posting "Intelligenz und Intellektualität" handelt, zeugt einerseits davon, dass ich derzeit keine wirklich großen Probleme habe, andererseits aber auch davon, dass mir seine Gedankenwelt immer noch absurd erscheint und ich nicht verstehen kann, wie ein Mensa-Mitglied (also jemand, von dem man annehmen dürfte, dass er nicht ganz dumm ist) so denken kann.

Natürlich habe ich nie erwartet, dass er meinen Standpunkt übernehmen würde, aber als ich mit ihm diskutiert habe, habe ich zumindest geglaubt, auf ein wenig Verständnis zu stoßen. Mir scheint jedoch selbst das vergebene Liebesmüh gewesen zu sein. Seit einigen Wochen halte ich mich im übrigen von den österreichischen Mensa-Foren fern, nicht nur seinetwegen.

Wie kann jemand einem ernsthaft verübeln, Medizin zu studieren und dafür recht lange zu brauchen? Die lange Studiendauer ist dem Studium immanent. Es gibt zahlreiche Dinge im Studium, die nicht optimal gelöst sind; das größte Problem ist die Willkür mancher Prüfer, die den Hauptgrund für Verzögerungen darstellt. Im Durchschnitt brauchte offiziellen Statistiken zufolge ein Medizinstudent nach dem alten Studienplan, der nichts anderes nebenbei machte, für sein Studium 9 Jahre (und dabei rede ich nur von solchen, die ihr Studium erfolgreich zum Abschluss brachten). Ich habe gleichzeitig auch Informatik studiert (Mindeststudiendauer: 5 Jahre) und für beide Studien insgesamt 11 Jahre gebraucht - das ist objektiv gesehen wirklich nicht schlecht, wer darüber anders denkt, der sollte sich fragen, ob er selbst seinen extremen Ansprüchen genügen würde.

Wenn mein Mensa-Kollege seinen Sohn nicht so lange studieren lassen hätte, dann wäre sein Sohn höchstwahrscheinlich nicht Arzt geworden. Mag sein, dass der Kollege das ohnehin nicht wollte, aber es ist unzulässig zu fordern, dass jeder Vater seinen Sohn oder seine Tochter so behandeln müsse. Denn dann gäbe es überhaupt keine Ärzte. Ohne abgeschlossenes Medizinstudium darf man ja nicht als Arzt arbeiten. Ich nehme an, eine Welt ohne Ärzte wäre auch nicht im Sinne des Erfinders.

Wie kann sich ein intelligenter Mensch daher anmaßen, dass seine persönlichen Maßstäbe für alle Menschen zu gelten hätten? Kann sich ein intelligenter Mensch denn nicht ausmalen, was das für Konsequenzen hätte? Jedenfalls ist das für mich ein Grund, an seiner Intelligenz und ergo an der Validität der von Mensa anerkannten Intelligenztests zu zweifeln! Und deswegen meide ich die Mensa nun.

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