Nationalismus und Patriotismus

Nationalismus und Patriotismus sind Begriffe, die in der politischen Diskussion häufig verwendet, aber sehr oft falsch verstanden werden. Ich werde beide Begriffe in diesem Artikel definieren, also bitte ich, in jedem Fall weiterzulesen. Dennoch möchte ich zuerst mit einer Anekdote aus meinem Leben anfangen.

Unsere Geschichtelehrerin am Gymnasium, ihrer Selbstbezeichnung nach "konservativ", vertrat die Meinung, Nationalismus sei schlecht, Patriotismus aber gut. Da ich in der Schulzeit ja als besonders gescheit galt, glaubte sie, dass ich ihre Meinung teile, und fragte mich daher vor der ganzen Klasse: "Claus, bist du Nationalist?" Ich verneinte. Die Lehrerin: "Gut. Aber bist du Patriot?" Ich sagte ebenfalls nein. Da war sie enttäuscht und meinte: "Naja, vielleicht bist du in dieser Beziehung anders." Der Grund aber, warum ich beide Fragen verneinte, war, dass sie die Begriffe falsch definiert hatte.

Nationalismus ist in erster Linie die Liebe zum eigenen Volk. Das ist an sich nichts Schlechtes. In der politischen Debatte wird Nationalismus aber meist mit Fremdenfeindlichkeit gleichgesetzt und deswegen schlechtgeredet. Nationalisten mögen zwar mitunter fremdenfeindlich sein, sie müssen es aber nicht sein. Die Fremdenfeindlichkeit ist dem reinen Nationalismus nicht inhärent.

Patriotismus wird oft als die Liebe zur Heimat definiert. Unsere Geschichtelehrerin wollte uns also von der Ansicht überzeugen, die Liebe zum Volk wäre verwerflich, die Liebe zur Heimat aber lobenswert. Das Problem bei der Sache ist, dass diese Definition falsch ist. Patriotismus hat historisch gesehen eine völlig andere Bedeutung. Patriotismus bedeutet nämlich in Wahrheit Loyalität zum Hause Habsburg.

Das war auch der Grund für die Spaltung der Studierendenschaft und die Entstehung der katholischen akademischen Verbindungen, die auch heute noch existieren und im Österreichischen Cartellverband (CV) vereinigt sind. Zuerst gab es nur die Burschenschaften. In der Revolution von 1848 stellte sich heraus, dass die meisten Burschenschafter für die Revolution, für Freiheit und Demokratie und gegen das Herrscherhaus waren. Dies ging einigen Studenten gegen den Strich, die sich eher dem Kaiser und seiner Familie, aber auch der katholischen Kirche gegenüber loyal sahen. So kam es, dass sie ihre eigenen Studentenverbindungen gründeten.

Die Auswirkungen dessen sind auch heute noch spürbar, wenngleich man in der Öffentlichkeit mitunter (leider?) recht wenig davon wahrnimmt. Es gibt jedenfalls nach wie vor Burschenschaften auf der einen Seite und katholische Verbindungen auf der anderen. Die Burschenschaften sind in mehreren Dachverbänden organisiert, wie der "Deutschen Burschenschaft", und die Katholiken vorwiegend im CV, aber auch in einigen anderen, etwas weniger bekannten Verbänden.

Mir persönlich sind die Burschenschaften um einiges sympathischer als die katholischen Verbindungen. Ich selbst bin aber nie einer Burschenschaft beigetreten, weil ich die Mensur ablehne.

Die offen oder versteckt Kaisertreuen, die der alten Zeit vor 1918 nachtrauern, sind mir sehr, sehr suspekt. Ich kann nicht nachvollziehen, wie jemand derart rückwärtsgewandt sein kann. Offenbar spielen da familiäre oder sonstige Beziehungen eine Rolle. Aber diese Leute verfügen durchaus über Einfluss in unserem Lande. Erst gestern habe ich im ORF eine Sendung gesehen, in der berichtet wurde, dass ein Bereich des ÖVP-geführten Innenministeriums Spenden in Höhe von mehreren hunderttausend Euro verschiedenen kirchlichen Organisationen zukommen hat lassen, unter anderem der radikal-katholischen Organisation "Opus Dei". In dieser Sendung wurde auch ein Vertreter von "Opus Dei" gezeigt, der sinngemäß meinte, Katholiken sollten keine Bücher lesen, in denen ihr Glauben in Frage gestellt werden könnte. Damit wäre ja Katholiken der Konsum fast jeder einigermaßen anspruchsvollen Literatur verboten. Alleine diese Aussage lässt mir diese Organisation in einem äußerst zweifelhaften Licht erscheinen.

Meiner Meinung nach ist die ÖVP mit Abstand die gefährlichste aller Parteien, die derzeit im Österreichischen Nationalrat vertreten sind. Es ist ja auch bekannt, dass im Parlamentsklub der ÖVP ein Bild von Dr. Engelbert Dollfuß hängt, dem ehemaligen österreichischen Bundeskanzler, der in den 1930er Jahren in Österreich die Demokratie abgeschafft und eine klerikal-faschistische Diktatur, den so genannten Ständestaat, errichtet hat. Noch gut erinnere ich mich an eine Dokumentations-Sendung, in der Dollfuß gezeigt wurde, wie er die damals neue Verfassung des Ständestaates verkündete. Der erste Passus dieser Verfassung lautete: "Alles Recht geht von Gott aus", anstatt vom Volk, wie es zuvor geheißen hatte. In diesem Zusammenhang sei gesagt, dass führende Politiker der ÖVP vor einigen Jahren tatsächlich vorschlugen (es wurde sogar in den Medien davon berichtet), den "Gottesbezug" in die Verfassung aufzunehmen. Die Gefahr einer Wiedererrichtung einer klerikal-faschistischen Diktatur scheint also weiterhin gegeben zu sein, und aus diesem Grund ist es wichtig, die ÖVP zu schwächen und sie am besten in die politische Bedeutungslosigkeit zu entlassen. Die ÖVP ist meines Erachtens wesentlich gefährlicher als zum Beispiel die FPÖ!

Gerade dass sich die ÖVP so harmlos gibt, macht sie umso gefährlicher. Die ÖVP ist der sprichwörtliche Wolf im Schafspelz.

Da sind mir die so genannten Nationalisten schon lieber, denn sie lieben wenigstens ihr Volk und nicht einen Sprössling eines alten Herrscherhauses oder eine Kirche, die ja dem Staatsoberhaupt eines fremden Landes untergeordnet ist, womit eigentlich alle katholischen Geistlichen und all die CV-Mitglieder, die dem Papst ewige Treue geschworen haben, als Agenten einer fremden Macht zu betrachten wären.

In der Tat, Nationalismus und Patriotismus sind verschiedene Dinge; beide sind zudem verschieden von der Ideologie der Nationalsozialisten. Wenn jemand Nationalist ist, bedeutet das nicht automatisch, dass er ein Nazi wäre. Mir wäre es jedenfalls lieber, wenn in unserem Land Nationalisten das Sagen hätten, als die "Patrioten" von der so genannten "Österreichischen Volkspartei", deren Politik offensichtlich gegen die Interessen des Volks gerichtet ist.

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