Innere Emigration

Als ich aus Hugi ein Demoszene-Magazin machte, meinte einer der bisherigen Leser, es fände es schade, dass sich Hugi nun vom realen Leben entfernt hätte. Dazu meine ich, dass es richtig war, diesen Weg zu gehen. Es war der Weg der inneren Emigration.

Der Grund ist einfach der: Hugi hätte zwar durchaus Potenzial gehabt, ein Forum zu werden, in dem Leute ihre Gedanken zu Problemen der realen Welt äußern könnten. Damit hätten wir etwas wirklich Innovatives geschaffen, zu einer Zeit, als das Internet in der Normalbevölkerung noch wenig verbreitet war. Für mich als Herausgeber von Hugi wäre das aber sehr problematisch gewesen, weil ich bis 2001 Schüler war und man als Schüler in seinem Handlungsspielraum eingeschränkt ist. Bei strenger Auslegung des österreichischen Rechts hätte ich meine Zeitschrift eigentlich gar nicht herausgeben dürfen, denn hierzulande dürfen nur volljährige Personen offiziell als Zeitschriftenherausgeber fungieren. Dass das bei mir toleriert wurde, mag (abgesehen davon, dass die meisten Menschen, mit denen ich im realen Leben zu tun hatte, nichts von meinen Aktivitäten wussten) damit zusammenhängen, dass ich absichtlich auf kontroversielle Inhalte verzichtete. Die Demoszene hat gegenüber "harten" Themen wie Politik den großen Vorteil, keine Bedeutung für das reale Leben zu haben. Man kann daher über die Demoszene schreiben, was man will - man braucht keine Furcht zu haben, dass man daran Schaden nehmen könnte. Bei politischen Themen wäre das anders gewesen.

Als Schüler ist man gezwungen, in Schulaufsätzen nur solche Meinungen zu vertreten, die vom jeweiligen Lehrer entweder erwünscht oder zumindest geduldet werden. Was geduldet wird, kann man dabei a priori nur schlecht abschätzen, so dass man jedenfalls besser daran täte, sich mit allzu unkonventionellen Ansichten zurückzuhalten. Es genügt nicht, wenn ein Gedankengang logisch und wohlbegründet ist. Wer sich zu weit aus dem Fenster lehnt, eckt an, und das kann für einen Schüler von großem Nachteil sein. Schließlich ist es ja vom Wohlwollen seiner Lehrer abhängig, ob er den Aufstieg in die jeweils nächste Klasse schafft und seine Matura ablegen darf. Während man zwar Rechtschreibung und Regeln der Mathematik noch relativ leicht erlernen kann, so dass man Fehler solcher Art vermeiden kann, ist es bei Meinungen nicht so leicht einzuschätzen, was tolerabel ist und was nicht, denn da gibt es auch eine starke subjektive Komponente.

Wenn man nun als Schüler eine Zeitschrift herausgibt (was man, wie gesagt, hierzulande streng genommen gar nicht darf), dann können einem alle darin enthaltenen Artikel negativ ausgelegt werden. Dieses Risiko wollte ich nicht eingehen, deswegen begab ich mich in die innere Emigration und beschränkte mich auf die Demoszene.

Auch heute ist es für viele Menschen noch nicht so selbstverständlich, über alle möglichen Dinge so offen zu diskutieren, wie das einige meiner Bekannten auf Facebook und in diversen Foren tun. Für Schüler schon gar nicht!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

The Demoscene

Digital Art Natives

Autobiographical Sketch