Mein eigener Lebensweg

Wenn man darüber nachdenkt, wie man eigene Kinder erziehen würde, dann ist das ein guter Anlass, um auch über den eigenen Lebensweg nachzudenken, damit man bei der nächsten Generation nicht die gleichen Fehler wie die eigenen Eltern macht.

Ich hatte Riesenglück, dass ich Eltern hatte, die beide nie gestresst waren und immer viel Zeit für mich hatten. So konnten sie schon sehr schnell sicherstellen, dass ich die wichtigsten Fähigkeiten erwarb, die in der Schule eine Rolle spielten. Auch wenn ich von Natur aus eher ein mathematischer Typ sein mag, hatte ich sehr rasch auch einen recht umfangreichen Wortschatz, eine gefestigte Grammatik und eine gute Rechtschreibung. Da ich rasch erkannte, dass es mir Freude bereitete, meine Gedanken niederzuschreiben, bekam ich auch Übung im Formulieren und entwickelte einen guten Stil.

Das haben meine Eltern auf jeden Fall richtig gemacht: Die wichtigsten Fähigkeiten, die man braucht, um gut durch die Schule zu kommen, waren schon früh gesichert. In Mathematik war ich meiner Zeit ja gegen Ende der Volksschule schon weit voraus; ich beherrschte damals schon die wichtigsten Regeln der Differentialrechnung. Bis auf die Geometrie hatte ich noch vor meinem 9. Geburtstag schon fast alles kennengelernt, das man an einem neusprachlichen Gymnasium im Fach Mathematik bis zur Matura lernt.

Was die Förderung weiterer Interessen betraf, zwangen mich meine Eltern zu nichts; vielmehr boten sie mir Verschiedenes an und ließen mich selbst entscheiden, was mich am meisten ansprach. Ab der Einschulung waren das hauptsächlich Computer. Mich faszinierte an diesen Geräten vor allem ihre Vielseitigkeit - man konnte mit ihnen praktisch alles machen.

Worüber man diskutieren könnte, ist die Entwicklung ab dem Ende der Pflichtschulzeit. Als Computerfreak hätte ich eine HTL besuchen können - dort hätte ich eine Berufsausbildung erworben, die meinen Interessen entsprach. Allerdings war ich meiner Zeit weit voraus und hätte mich in einer HTL vermutlich gelangweilt. Im Prinzip wäre ich mit 14 schon reif für ein Hochschulstudium gewesen. Das war rechtlich aber nicht möglich; so verbrachte ich noch vier weitere Jahre am Gymnasium.

Logisch wäre gewesen, gleich nach der Matura Informatik zu studieren - ich war mir aber unsicher, und als ich meine Eltern um Rat fragte, empfahlen sie mir ein Medizinstudium. Das war meiner Meinung nach der einzige Fehler, den meine Eltern gemacht haben. Denn da ich bis dahin keinerlei Anzeichen gezeigt hatte, dass ich Interesse an der Medizin hätte, war die Entscheidung für das Medizinstudium völlig inkonsequent. Wenn es meinen Eltern wirklich ein Herzensanliegen war, dass ich Medizin studiere, dann hätten sie besser daran getan, mir die Medizin schon in meiner Jugend irgendwie schmackhaft zu machen. Grundsätzlich finde ich aber ihre Philosophie schon gut, dass sie mich während meiner Schulzeit in keine Richtung gedrängt haben. Falsch war nur, dass sie dann nach der Matura praktisch auf einem Lebensweg bestanden haben, der keineswegs zu dem passte, wie ich mein bisheriges Leben verbracht hatte.

Wenn ein Kind sich wirklich für Computer und deren Programmierung interessiert, dann sollte es auf jeden Fall eine entsprechende Ausbildung absolvieren. Ein Informatikstudium ist immer gut. Es gibt im Bereich der Informatik in Wien so viele verschiedene Studiengänge, dass jeder etwas findet, das seinen ureigensten Interessen entspricht.

Ein zukünftiger Mediziner sollte sich eher für zwei Dinge interessieren: Menschen und deren Krankheiten. Nur wenn jemand diese Interessen zeigt, dann ist es sinnvoll, ihm zu einem Medizinstudium zu raten. Mich haben zwar Menschen immer interessiert, Krankheiten aber nicht. Das Einzige, was mich an meinem Medizinstudium interessiert hat, waren die naturwissenschaftlichen Grundlagenfächer, weil diese Materie relativ kompliziert war und es mich immer schon reizte, Dinge zu verstehen, die nicht ganz so leicht zu verstehen sind. Alles Andere in diesem Studium hat mich wenig bis gar nicht interessiert.

Ich würde also meinen: Ein Kind so zu erziehen, wie es meine Eltern mit mir bis zur Matura getan haben, ist ein guter Weg; man sollte aber danach konsequent sein und seinem Kind zu einem Beruf raten, der dessen Talenten entspricht.

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