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Die soziale Ader der Liberalen

Mir sind in den letzten Tagen einige Gedanken durch den Kopf gegangen, ohne dass ich dazu gekommen wäre, sie aufzuschreiben. Vielleicht werden mir einige davon im Laufe der Zeit wieder einfallen, so dass ich das Notieren nachholen kann. Ein Gedanke jedenfalls betrifft die soziale Ader der Liberalen. Wenn Liberalen Egoismus und Gier unterstellt wird, dann glaube ich nicht, dass das zutrifft. Ich glaube sogar, dass Menschen, die sich für den Liberalismus begeistern, selbst in vielen Fällen in besonderem Maße sozial veranlagt sind. Man kann das so erklären: Als sozial veranlagte Menschen sind sie bereit, Leistungen zu erbringen und für Andere zu arbeiten. Sie machen das von selbst, ohne extra dazu gezwungen zu werden. So ergibt sich einerseits ein fehlendes Verständnis für die Notwendigkeit von Zwangsmaßnahmen, die den sozialen Zusammenhalt erhöhen sollten (man ist auch ohne diese Maßnahmen sozial), andererseits aber auch eine Sehnsucht nach Freiheit - dass man endlich auch ein bisschen L

Zeit investieren

Im Studium hatte ich einen Kollegen, der mir einmal sagte, beim Lernen für Prüfungen sei es immer eine Frage der Zeit, die man bereit sei, dafür zu investieren. Zwar verstand ich, was er meinte, aber ich fand diese Meinung ungewöhnlich. Denn ich war nicht erzogen worden, selbst zu entscheiden, wie ausführlich ich mich einer Aufgabe widmen möchte. Vielmehr hieß es in meiner Erziehung: "Was man macht, das macht man ordentlich." Koste es, was es wolle. Ich habe auch nie die Zeit gestoppt, die ich für meine Hausaufgaben gebraucht habe, oder gar beschlossen, nur eine bestimmte Zeit lang zu arbeiten und dann aufzuhören (und zu riskieren, eine schlechtere Note zu bekommen). Bei mir war es immer so, dass ich so lange gearbeitet habe, bis alles perfekt war. Freilich: Bei mir ging das immer recht schnell. Meistens war ich schon nach einer Stunde mit den Hausaufgaben fertig, selten brauchte ich länger als zwei Stunden. Aber wenn es wirklich nötig gewesen wäre, hätte ich auch bis Mittern

Paradies auf Erden

Ich stelle die Frage mal in den Raum: Leben wir im Paradies auf Erden oder sind wir auf dem Weg dazu? Die meisten werden wahrscheinlich sagen: Nein, wir leben nicht im Paradies auf Erden, und Pessimisten werden weiters meinen, nein, wir sind auch nicht auf dem Weg dazu. Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen, dass der Zustand, den wir jetzt haben, das Gelbe vom Ei sein kann. Es kann doch nicht sein, dass sich die meisten Menschen ständig bemühen müssen, Geld zu verdienen, weil sie es brauchen, um für anfallende Ausgaben aufzukommen. Ausgaben, die notwendig sind, um am Leben zu bleiben, wobei der Lebensinhalt wiederum darin besteht, weiter wie bisher zu arbeiten, immer weiter, bis man endlich die wohlverdiente Pension erreicht hat. In der idealen Welt könnte jeder machen, was er will, und müsste keine Sorgen um seine Existenz haben. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass dieser Idealzustand erreicht werden könnte, wenn man es schaffen könnte, dass alle Menschen unend

Österreichs Nobelpreisträger

Ich nehme an, dass die Medien früher oder später darauf kommen werden, dass einer der diesjährigen Chemie-Nobelpreisträger österreichisch-amerikanischer Doppelstaatsbürger ist. Daher bin ich gespannt, ob sie wieder hinausposaunen werden "Österreicher bekommt Nobelpreis!", wie sie dies vor etwas mehr als zehn Jahren bei Eric Kandel gemacht haben, woraufhin dieser dann empört zurückgewiesen hat, ein österreichischer Nobelpreisträger zu sein. Wenn gebürtige Österreicher Nobelpreise abräumen, aber ihre Karriere weitgehend im Ausland gemacht haben, dann zeigt das vor allem zwei Dinge: einerseits, dass der Genpool in Österreich nicht so schlecht ist - es gibt doch Menschen, die von Natur aus begabt genug sind, um nobelpreiswürdige Leistungen zu erbringen. Andererseits zeigt es aber auch, dass es offenbar nur möglich ist, diese Leistungen zu erbringen, wenn man ins Ausland geht. Der Fehler liegt also im System. Ich habe es schon oft gesagt: Hier in Österreich ist das System zu sehr

Denken und Wissen

Von Pädagogik habe ich zwar nicht so viel Ahnung, aber mir scheint es so zu sein, als hätte es in den letzten Jahrzehnten einen Trend in die Richtung gegeben, im Schulunterricht mehr auf kognitive Fähigkeiten (also aufs Denken) Wert zu legen und weniger auf reines Wissen (Auswendiglernen). Nutznießer dieser Umstellung war bereits ich. Das Medizinstudium stellte deswegen einen großen Kontrast für mich dar, weil es dort genau umgekehrt war. Man erkennt das deutlich an meinen Noten: Matura mit 1,0, Medizin-Doktorat mit 2,5. Dass ich nicht unbedingt blöder geworden bin, wird dadurch bewiesen, dass ich gleichzeitig mein Informatikstudium mit 1,5 abgeschlossen habe. Das Medizinstudium stellte eben ganz andere Anforderungen als alles Andere, das ich gemacht habe. Ich fragte mich, warum das so ist, und hatte folgenden Einfall: Gerade in konservativen, religiös geprägten Gesellschaften wird das selbstständige Denken zum Teil sogar unterdrückt statt gefördert; wenn wirklich das durchschnittliche

Global Village

In den Anfangszeiten des Internets in seiner heutigen Form wurde in den Medien immer wieder die von Marshall McLuhan geprägte Metapher vom "global village", also vom weltumspannenden Dorf, zitiert. Das war meistens in positivem Sinn gemeint - wenn man darüber aber ein wenig nachdenkt, kommt man darauf, dass ein globales Dorf auch gewaltige Nachteile hätte: Denn in jedem Dorf gibt es unangenehme Menschen, mit denen man, wenn man in diesem Dorf lebt, zwangsläufig zu tun hat. Bisher gab es in solchen Fällen immer die Möglichkeit wegzuziehen. In einem globalen Dorf ist das aber nicht mehr möglich. Hier ist man den unangenehmen Menschen ausgeliefert. Viele Menschen scheinen nicht klar zu denken, selbst angeblich Hochintelligente nicht. Fast alle Menschen, die ich kenne, sind mehr oder weniger von Vorurteilen durchdrungen, die sie durch ihr Elternhaus, durch ihre Schullaufbahn oder sonstwie vermittelt bekommen haben. Ironischerweise bezeichnen manche diese Ansammlung von Vorurteile

Unnötiger Idealismus

Im Grunde genommen hänge ich einem unnötigen Idealismus an. Ich habe mir in den letzten Jahren beispielsweise mehrmals darüber Gedanken gemacht, wie die für mich ideale Schule aussehen würde. Dabei habe ich wohl nie bedacht, dass meine Schulzeit schon längst vorbei sind und ich kein zweites Mal mehr zur Schule gehen werde. Außer ich werde wiedergeboren; und ich habe den Eindruck, dass ich wie selbstverständlich annehme, wiedergeboren zu werden. Denn anders lässt es sich nicht erklären, dass ich mir Gedanken über die für mich ideale Schule mache. Auch wenn ich Kinder in die Welt setzen sollte, ist nicht gesagt, dass diese genauso sein werden wie ich. Die für mich ideale Schule wäre also für meine Kinder möglicherweise nicht ideal. So gesehen, sind viele der Gedanken, die ich mir mache, wirklich unnötig. Es ist eher so, dass ich bisher wenig "echt gelebt" habe. Viel habe ich mich mit Theorien und Modellen beschäftigt, aber wenig mit Dingen, die ich selbst praktisch anwenden kön